Warum ist die Erkundung der Baugrundverhältnisse erforderlich?

Wie genau ein Deich aufgebaut sein muss, und wo die aus bautechnischer Sicht am besten geeignete Trasse verläuft, das hängt maßgeblich vom Untergrund ab. Für die konkrete Planung von Verlauf und Aufbau der zu sanierenden Deiche sowie der späteren Baumaßnahmen benötigt man daher umfassende Informationen zu den Bodenverhältnissen entlang der Weschnitz. Zu diesem Zweck werden Baugrunderkundungen durchgeführt. Welche Bodenschichten in welchen Bereichen vorhanden sind, ob beispielswiese eher Torf- oder sandige Schichten, das lässt sich durch Bohrungen feststellen. Dies ist einerseits wichtig, weil die verschiedenen Untergründe unterschiedlich tragfähig sind und andererseits auch unterschiedlich schwer zu bearbeiten.

Ziel der Baugrunderkundung ist es, das Bauvorhaben so zu planen, dass es möglichst sicher, schadensfrei, gebrauchstauglich, zeitgerecht und auch wirtschaftlich umgesetzt werden kann. Die Baugrunderkundung kann auch zu dem Ergebnis führen, dass die beabsichtigte Baumaßnahme an der vorgesehenen Stelle nur mit unvertretbar hohem Mehraufwand realisierbar ist.

Die Informationen über den Baugrund können im Wesentlichen nur punktuell und nicht flächendeckend erhoben werden. Die punktuell gewonnenen Erkenntnisse werden daher auf die gesamte Fläche bzw. Trasse hochgerechnet und zu einem „Baugrundmodell" verarbeitet, das den Planungen zugrunde zu legen ist. Die Details für die Durchführung und Auswertung der Baugrunderkundungen sind in verschiedenen DIN-Normen festgelegt.

Geplante Erkundung für Sanierungen an der Weschnitz

Im zu sanierenden Abschnitt verlaufen die Deiche unmittelbar links und rechts der Weschnitz von der Ortslage Einhausen (Höhe Fußgänger- und Radwegebrücke) bis zur Bürstädter Brücke in Biblis (alte B44) Übersichtslageplan PDF-Download. Die vorhandenen Deichhöhen betragen im Großteil der Ausbaustrecke rund vier Meter (gegenüber dem Böschungsfuß) und laufen erst vor Einhausen auf ca. einen Meter aus.

Die bestehenden Deiche werden von mehreren Brückenbauwerken gekreuzt sowie von mehreren Leitungen (Ferngas, Gas, Abwasser). Hinzu kommen im Deichkörper liegende Einrichtungen der Grundwasser-Infiltrationsanlagen "Lorscher Wald", Regenüberlauf-Einleitungen und Brückenwiderlager.

Am landseitigen Deichfuß bzw. im Deichschutzstreifen liegen mehrere Grundwasserpegel des Landesmessnetzes, eine Druckerhöhungsanlage (Brunnengalerie Lorscher Wald) und Abwasserkanäle.
Für die Baugrunderkundung sind verschiedene Arten von Bohrungen und Sondierungen vorgesehen:

  • KB    =     Kernbohrung, teilweise mit Ausbau als Grundwasser-Messstelle
  • RKS     =     Kleinrammbohrung ("Rammkernsondierung")
  • DPH    =     schwere Rammsondierung (Dynamic Probing Heavy)

Auf den unbefestigten Deichkronen sind in Abständen von 100 Metern Erkundungsbohrungen vorgesehen, von denen jede zweite als Kernbohrung (KB), die dazwischen liegende als Kleinrammbohrung (RKS) ausgeführt werden soll.

Die im landseitigen Gelände (mit bis zu ca. 40 Metern Abstand zum Deichfuß) vorgesehenen Erkundungen sollen zum großen Teil als Kleinrammbohrungen (RKS) ausgeführt werden. Eine Ausnahme bilden Kernbohrungen, die mit einem Ausbau zu einer Grundwassermessstelle verknüpft werden sollen.

Daraus ergeben sich pro Gewässerseite rund 75 Bohr-Ansatzpunkte auf dem Deich sowie weitere jeweils 75 Ansatzpunkte im landseitigen Gelände – also insgesamt auf beiden Seiten der Weschnitz circa 150 beziehungsweise zusammen circa 300 Bohransatzpunkte.

Zusätzlich zu diesen Kern- und Kleinrammbohrungen sind in der Deichachse alle 400 Meter, jeweils neben einem Bohransatzpunkt, schwere Rammsondierung vorgesehen. Dabei wird eine Sondierspitze an einem Stahlgestänge mit definierter Rammenergie (genormtes Fallgewicht + definierte Fallhöhe) in den Untergrund gerammt. Dabei wird aufgezeichnet, wie viele dieser Rammvorgänge pro 10 cm Eindringtiefe nötig sind.

Auf Grundlage der durch die Bohrungen von der Deichkrone aus zutage geförderten Bodenschichten sollen dann an voraussichtlich vier bis fünf ausgewählten Stellen im Hinterland (auf Wegeparzellen) oder am Deichfuß jeweils zusätzliche Kernbohrungen durchgeführt und zu Grundwassermessstellen ausgebaut werden. Mittels Pumpversuchen wird dann die Wasserdurchlässigkeit der dort vorhandenen Sande und Kiese bestimmt. Soweit diese Grundwassermessstellen in Wegeparzellen zu liegen kommen, werden sie unter Flur ausgebaut; am Deichfuß sollen sie im Regelfall über Flur ausgebaut werden.

Die geplanten Bohransatzpunkte sind in den verlinkten Lageplänen dargestellt:

A2.1 Lageplan Erkundung (PDF-Download)
A2.2 Lageplan Erkundung (PDF-Download)
A2.3 Lageplan Erkundung (PDF-Download)
A2.4 Lageplan Erkundung (PDF-Download)

Leitfaden des Regierungspräsidiums

Für Deichsanierungen und Deichneubauten hat das Regierungspräsidium Darmstadt im Dezember 2005 den "Leitfaden zur Führung der Standsicherheitsnachweise an den Hessischen Rhein- und Main-Winterdeichen" (PDF-Download) veröffentlicht, um die Vorgehensweise bei der geotechnischen Erkundung und den erdstatischen und hydraulischen Nachweisen zu vereinheitlichen. In diesem Leitfaden sind die vorgesehenen Untersuchungen der Baugrundverhältnisse bei den Hessischen Rhein- und Main-Winterdeichen konkretisiert, was auch für die Weschnitz entsprechend umzusetzen ist.

Welche Erkenntnisse liefert eine Baugrunderkundung?

Die direkten und indirekten Bohrungen sowie die Ausführungen in bereits vorliegenden Baugrundunterlagen sind die Grundlagen zur Erstellung des „Baugrundmodells". Darin werden die meist nur punktuell vorhandenen Ergebnisse interpoliert und zu einer dreidimensionalen Baugrund-Geometrie zusammengefasst.

Das Baugrundmodell ist die Grundlage für die bauwerksbezogenen Planungen und für Verformungsprognosen. Zu den bauwerksbezogenen Planungen gehören beispielsweise die Sanierung der bestehenden Deiche,  Deichneubauten, das Herstellen von geböschten oder verbauten Baugruben, die Dimensionierung von Baugrubenverbauen und Gründungen. Das Baugrundmodell enthält die zusammengefassten Erkenntnisse zum Schichtenverlauf und zu den Eigenschaften der einzelnen Schichten im zu bebauenden Bereich und in dessen Umfeld.