Projektraum
Alle geplanten Sanierungs- und Renaturierungsmaßnahmen sollen innerhalb eines bestimmten Bereiches entlang der Weschnitz umgesetzt werden, dem Projektraum. Das heißt nicht, dass der gesamte Projektraum für diese Maßnahmen genutzt und daher künftig innerhalb des Deiches liegen wird. Vielmehr sollen innerhalb des Projektraums die Trasse für den sanierten Deich liegen, als auch Abschnitte mit gewässerökologischen Verbesserungen untergebracht werden. Dabei spielen vor allem technische und geotechnische Überlegungen sowie gesetzliche Vorgaben eine Rolle, aber auch ökologische Faktoren sowie die Art der bisherigen Flächennutzung. Die künftige Trasse muss dabei in jedem Fall Raum bieten für ausreichend breite Deichaufstandsflächen, Deich- und sonstige Schutzstreifen, den Wegebau und die Umsetzung der Vorgaben der Wasserrahmenrichtlinie.
Der zu beplanende Projektraum beginnt (in Fließrichtung gesehen) etwa einen Kilometer unterhalb der bebauten Ortslage von Einhausen, erstreckt sich über eine Länge von rund 4,5 Kilometern und endet in Höhe des Obst- und Gartenbauvereins Biblis. In diesem Abschnitt schließt der Projektraum neben dem eigentlichen Gewässerabschnitt das linksseitige Deichhinterland in einer Tiefe von etwa 150 bis 450 Metern ein.
Eine Ausnahme bildet das rechtsseitig gelegene Auwaldrelikt (Punkt 7 auf dem Bild unten) . In diesem Abschnitt wurde der Projektraum aufgrund der bereits bestehenden Auwald-Strukturen auf einer Länge von etwa 650 Metern auch rechtsseitig erweitert.
Das linksseitig der Weschnitz gelegene Deichhinterland wurde als Projektraum gewählt, da sich rechtsseitig diverse feste bauliche Anlagen befinden, wie
- eine Umspannstation mit Pumpwerk zur Wasserversorgung (Punkt 8)
- Stallungen und eine Scheune (Punkte 5 und 4),
- die Flächen des Obst- und Gartenbauvereins, der Hundeplatz und die Tierpension (Punkt 3) sowie
- Masten der Hochspannungsleitung

Für die linksseitige Lage spricht weiterhin,
- dass dort im Bestand aufgrund hoher Grundwasserstände bereits häufig vernässte Flächen (PDF-Download) in relevantem Umfang vorhanden sind,
- dass dort bereits Gehölzstrukturen längs bestehender Gräben und in der Fläche vorhanden sind, und
- dass sich ein relevanter Flächenanteil auf der Gemarkung Einhausen bereits in öffentlichem Eigentum befindet.
Die ortsnahen Randbereiche der Gemeinden Einhausen und Biblis wurden aufgrund bestehender Nutzungen (z.B. Kläranlage Einhausen, Erdlager/Kompostplatz und Kleingartenanlage Biblis) bei der Planung von Maßnahmen mit größerem Platzbedarf ausgespart. In diesen erscheint der Deichausbau in der bisherigen Trasse sinnvoller, erfordert allerdings technische Sonderlösungen.
Verlauf der Weschnitz – früher und heute
Die untere Weschnitz durchquert auf ihrem Weg vom Odenwälder Gebirgsrand Richtung Rhein fast durchgehend ebene Flächen ohne ausgeprägtes Gefälle. Zu erkennen sind Strukturen alter Flussmäander von Rhein und Altneckar sowie eiszeitliche Sanddünen, die sich von Trebur im Norden bis über die Landesgrenze nach Baden-Württemberg im Süden verfolgen lassen. Westlich der Dünenkette liegen die verlandeten Schlingen ehemaliger Rhein-Mäander, östlich davon sind vielerorts noch Spuren der ehemaligen Altneckartrasse zu erkennen.
Die für einen Flusslauf unnatürliche 90°-Krümmung nach Westen, einhergehend mit dem Durchschnitt der Sanddüne von Lorsch entstand vermutlich bereits in spätrömischer oder der dann folgenden fränkischen Zeit. Die große Transportdistanz einer römischen Säule aus dem Lautertal aber auch die Ausgrabung einer – im Zuge des Weschnitzausbaus beseitigten – Landestelle in Höhe des alten Klosters in Lorsch oder auch die Reste einer römischen Burg an der Mündung in den Rhein bei Biblis weisen darauf hin, dass das Flüsschen in früheren Jahrhunderten zumindest bedingt schiffbar war.
Durch die teilweise bereits im Mittelalter begonnenen Befestigungs- und Ausbaumaßnahmen liegen die Gewässertrassen oftmals auf Geländeniveau oder darüber, heutzutage eingeengt durch beidseitige Flussdeiche und ohne jegliche Uferbegleitvegetation. Die Weschnitz ist überwiegend bis vollständig kanalisiert. Die natürlichen Überschwemmungsbereiche wurden, zugunsten der angrenzenden Landnutzung, vom Gewässer abgetrennt. Letzte Ausbaumaßnahmen erfolgten zwischen 1958 und 1968.
Die unter den folgenden Links abrufbaren historische Karten ergänzen dies: Karte Grossherzogthume Hessen Worms 1823 Seite 1 (PDF), Karte Grossherzogthume Hessen Worms 1823 Seite 2 (JPEG) , Haassche Karte 1801 (PDF), Karte von Nikolaus-Supp (JPEG). Durch die Kanalisierung gingen nicht nur die natürlichen Puffereigenschaften bei Hochwasser verloren, auch Naturhaushalt und Artenvielfalt leiden bis heute unter der vorherrschenden Monotonie. Die untere Weschnitz gilt aus fachlicher Sicht als überwiegend bis vollständig vom Menschen überformt.
Die Weschnitz verläuft von Einhausen nach Biblis am Rande eines alten Rhein-Mäanders, der mit der "tullaschen Oberrheinkorrektion" im 19. Jahrhundert abgetrennt und in den folgenden Jahrzehnten sukzessive landwirtschaftlich nutzbar gemacht wurde.