Im Fall einer Deichrückverlegung wird der gewonnene Gewässerrandbereich für die Gestaltung von naturnahen Auenbereichen genutzt.
Die genaue Ausgestaltung richtet sich dabei ebenso nach der verfügbaren Fläche wie nach den Zielarten und -biotopen. Artengruppen, die von einer funktionierenden Aue profitieren, sind – neben den Fischen – zum Beispiel Vögel, Amphibien, insbesondere der Wasserfrosch, Libellen, Schmetterlinge sowie diverse Käfer und Schnecken am und im Wasser. Um solch eine Artenvielfalt zu erreichen, müssen entsprechend vielseitige Biotopstrukturen geschaffen werden, mit Baum- und Strauchbeständen, Röhrichtzonen sowie Wiesen unterschiedlicher Ausprägung.
Die folgenden Abbildungen zeigen Ausführungsbeispiele dafür, wie einzelne Abschnitte der Weschnitz gestaltet werden könnten, um funktionstüchtige und vielgestaltige Auen herzustellen. Dargestellt werden angelegte Nebenarme, die kleine Inseln bilden, unterschiedliche Uferführungen und Materialien, um differenzierte Strömungsverhältnisse zu schaffen sowie ein angelegter Totarm als strömungsberuhigter Bereich.
Beispiele umgesetzter Maßnahmen
Nahe dem aktuellen Projektgebiet gibt es bereits Beispiele für erfolgreiche Renaturierungsmaßnahmen:
Maßnahmen Einhausen
In den Jahren 2016 bis 2018 wurden innerhalb der Ortslage Einhausen und nördlich der Autobahn A67 diverse gewässerökologische Entwicklungsmaßnahmen an der Weschnitz durchgeführt. Sie wurden als naturschutzfachliche Ausgleichsmaßnahmen diverser Erschließungs- und Baumaßnahmen umgesetzt. Einen Eindruck verschafft diese Präsentation (PowerPoint-Download).
Maßnahme „Vereinigte Weschnitz“
Das Projekt beinhaltete die Zusammenführung der beiden eingedeichten, westlich und östlich des Polders Lorsch verlaufenden Gewässerarme der Alten und Neuen Weschnitz als sogenannte „Vereinigte Weschnitz“. Dazu wurde ein neuer, naturnaher Gewässerverlauf innerhalb des Polders angelegt. Die Maßnahme erfolgte im Rahmen der Umsetzung der Europäischen Naturschutzrichtlinie und der Wasserrahmenrichtlinie (WRRL).
Bei der Planung waren folgende Rahmenbedingungen einzuhalten:
- Berücksichtigung der Erhaltungsziele für das FFH-Gebiet „Weschnitzinsel von Lorsch“ und das Vogelschutzgebiet „Hessische Altneckarschlingen“ (unter Bezugnahme auf die gültige Naturschutzgebietsverordnung bzw. bestehendes Naturschutzrecht, seit 2008: Natura 2000-Gebiet)
- Erlangung eines guten ökologischen Zustandes für die „Vereinigte Weschnitz“
- Gewährleistung einer größtmöglichen landwirtschaftlichen Nutzung der Polderinnenflächen
- Erhalt der Hochwasserschutzfunktion des Polders.
Das vor allem im Jahr 2017 baulich umgesetzte Projekt „Vereinigte Weschnitz“ kann als gutes Beispiel für die Auflösung eines kanalartigen und begradigten Gewässerverlaufs und damit für die im vorliegenden Projektraum vorgesehene Gewässerentwicklung angesehen werden.
Sowohl die Ausgangssituation, geprägt durch eine verarmten Fauna und Flora und die entsprechend schlechte Bewertung gemäß der „Hessischen Gewässerstrukturgütekarte“ , wie auch die für die „Vereinigte Weschnitz“ definierten Entwicklungsziele können auf das aktuelle Projekt übertragen werden.
Entwicklungsziele waren:
- Eigendynamische Entwicklung des neuen Gewässerverlaufs der Vereinigten Weschnitz (initialisiert durch Maßnahmen, wie ein fast zur Gänze unbefestigtes Gewässerbett und ein genügend breites Abflussspektrum)
- Entwicklung unterschiedlicher Strukturen, Entstehung und Verzahnung sortierter Habitate wie Kies-, Sand-, Lehm- und Schlammbänke und Ausbildung von Flachufern, Uferabbrüchen, unterspülten Ufern und Baumwurzeln, etc.
- Aufhebung der Abkopplung der Aue vom Fließgewässer, periodische Überflutung der Aue für die Entwicklung auetypischer Pflanzengesellschaften einschließlich der hier vorkommenden Tierarten und Stärkung der vorhandenen ehemaligen Altarmschlingen.
- Entstehung von Pionierstandorten, Biotoptypen wie z.B. vegetationsarme, flache Tümpel oder Kies- und Sandflächen.
Zugehörige Planunterlagen (Genehmigungsplanung) sowie diverse Bilder zur baulichen Umsetzung und der ca. zwei Jahre nach Fertigstellung vorhandenen Situation können hier eingesehen werden.
Maßnahme WDR (Weschnitzinsel 1)
Im Bereich der Weschnitzinsel 1 wurde der Gewässerverlauf der Weschnitz auf einer Länge von rund 300 Metern renaturiert, wodurch in dem betreffenden Abschnitt eine Verbesserung der Lebensraumfunktionen erzielt wurde. Neben dem Einbau von Weidenspreitlagen, also dem flächigen Auslegen und Fixieren von austriebsfähigen Weidenästen für einen schnellen Bewuchs, Maßnahmen zur Verbesserung der Gewässersohle und Modellierungsarbeiten wurden diverse Gehölze angepflanzt. Auszüge aus der landschaftspflegerischen Ausführungsplanung sind hier abgebildet.